Junge Kinder zu Hause während der Corona-Krise

Die Coronakrise belastet die gesamte Gesellschaft. Oftmals liegt der Fokus auf medizinischen und wirtschaftlichen Aspekten der Krise oder dem „Homeschooling“ von Schulkindern. Die jüngsten Kinder im Alter zwischen 0-6 Jahren werden nur selten in den Blick genommen. Dabei wissen wir, dass die ersten Lebensjahre entscheidend für die weitere Entwicklung eines Kindes sind und eine frühe Unterstützung zu viel größeren Effekten führt als spätere Maßnahmen.

Kinder im Alter von 0-6 Jahren fördern

Vielleicht gelingt es, trotz aller Belastungen, der schwierigen Situation auch Positives abzugewinnen. Um Kinder zwischen 0-6 Jahren zu unterstützen und fördern, müssen keine aufwändigen Spielideen umgesetzt oder die Profis aus Kindergarten und Schule ersetzt werden.

Stattdessen können verschiedene Möglichkeiten im Alltag entdeckt und genutzt werden: Z. B. während der Hausarbeit oder dem Kochen mit den Kindern reden, sie ein Bild malen zu lassen und sich dann zeigen lassen.

Für kleine Kinder ist es sehr wichtig, dass wir mit ihnen reden. Sie lernen sehr viel nebenbei – einfach nur dadurch, dass sie anderen zuhören und beobachten. Darüber entwickelt Ihr Kind auch seinen eigenen Sprachausdruck weiter. Fragen Sie z. B. was Ihr Kind gerade spielt und lassen Sie es sich möglichst genau erklären. Umgekehrt können Sie Ihre Alltagshandlungen Ihrem Kind beschreiben. Das ist vielleicht zunächst etwas ungewohnt, geht aber ganz leicht und unterstützt die Entwicklung Ihres jungen Kindes.

Mathe spielerisch vermitteln

Auch Mathe können Sie wunderbar nebenbei vermitteln. Sie können z. B. gemeinsam Besteck und Geschirr beim Tischdecken zählen oder Spielzeugautos und Puppen. Beim Kochen können Sie Zutaten abzählen, abwiegen oder messen und Sie können mit Ihrem Kind vergleichen, wovon mehr oder weniger gebraucht wird. Oder Sie lesen Ihrem Kind vor. Vorlesen stärkt den Wortschatz und die sprachlichen Fähigkeiten Ihres Kindes. Und später führt das hoffentlich zu einer größeren Lesemotivation Ihres Kindes.

Klare Absprachen treffen: Das Kind kann sich auch einmal alleine beschäftigen

Trotzdem gibt es wahrscheinlich viele Zeiten, in denen Sie keine Zeit für Ihr Kind haben, z. B. weil Sie im Homeoffice sind oder andere Aufgaben erledigen müssen.

Setzen Sie sich deswegen nicht unter Druck. Schaffen Sie sich eigene Auszeiten und treffen Sie mit ihren Kindern klare Absprachen, wann und wie lange sich Ihre Kinder alleine beschäftigen sollen (siehe hierfür auch Tipps und Tricks gegen den Lagerkoller auf dieser Website). Dafür ist es hilfreich, jungen Kindern verschiedene Spielideen vorzugeben, z. B. klassische Spielsachen wie Bauklötze, Puppen, Autos, Duplo, Stofftiere, Puzzle, Malen und Basteln.

In Maßen: Beschäftigung mit digitalen Medien

Viele Kinder fordern jetzt aber auch vermehrt digitale Unterhaltung ein. Nach aktuellen Empfehlungen sollten sehr junge Kinder (0-3 Jahre) möglichst keine oder nur sehr wenig Zeit vor Bildschirmen (egal ob Fernseher, Tablet oder Smartphone) verbringen. Auch Kindergartenkinder sollten nur begrenzt digital unterhalten werden (es gilt: lieber weniger als mehr und lieber mehrere kleinere Abschnitte als alles auf einmal). Auf jeden Fall sollten Sie passende Inhalte auswählen (und – falls möglich – auch gemeinsam gucken). Neben Bildschirmzeiten können Sie Ihrem Kind aber auch Hörbücher oder Musik für die Beschäftigung allein anbieten.

Tipps: Digitale Medienangebote für junge Kinder

Verschiedene Streaming-Plattformen bieten ganz aktuell aufgrund der Coronakrise kostenlose Hörbücher und Hörspiele für Kinder an. Auch Institute und Stiftungen bemühen sich, Familien zu unterstützen.

Hier finden Sie einige Beispiele:

Stiftung Lesen

Stiftung Lesen stellt das kostenfreie Angebot „(Vor-) Lesen in Zeiten von Corona“ zur Verfügung (hier zu finden: www.stiftunglesen.de/vorlesen-corona), dass für Kinder aller Altersgruppen geeignet ist und folgende Inhalte umfasst:

  • digitale Vorlesegeschichten
  • (Vor-) Lese-Apps
  • Buchtipps
  • Bastel- und Aktionsideen
  • Vorlesen mit Kindern ab 1 Jahr
  • Infos und Material für Lehrkräfte

„Frühe Bildung.online“

xCIT research group der Universität Luxemburg 

Worauf soll man bei der Ausmahl digitaler Angebote für junge Kinder achten?

Wie bei der Fernsehprogrammwahl gilt auch für Apps, dass Sie diese gezielt auswählen sollten. In Anlehnung an Vorschläge des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München sollte man bei der Auswahl von Apps auf folgende Aspekte achten:

  • Was kann mein Kind schon und passt die App zu diesem Können (ist die App also weder viel zu schwer, noch viel zu leicht)?
  • Kann mein Kind mit dieser App etwas lernen (oder wird es damit nur „sinnlos beschäftigt“)?
  • Ist die App gut strukturiert, sodass mein Kind leicht erkennen kann, worum es in der App geht?
  • Ist die App eher schlicht gestaltet (Apps, die mit sehr vielen Zusatzgeräuschen und -melodien oder animierten Bildern und Videos ausgestattet sind, überfordern junge Kinder eher und verhindern damit einen Lernerfolg)?
  • Bietet die App unmittelbares, individuelles Lernfeedback an (d.h. erhalten die Kinder in der App direkt bei der Aufgabenbearbeitung eine Rückmeldung, was sie schon gut machen und wie sie sich noch verbessern könnten, d.h. nicht nur ob etwas „falsch“ oder „richtig“ gelöst wurde)?
  • Kommt die App ohne In-App-Käufe und Werbung aus?

Natürlich setzt diese Liste voraus, dass Sie sich selbst etwas Zeit für die Auswahl geeigneter Apps nehmen müssen. Aber da Ihre Kinder dann diese Apps voraussichtlich häufiger nutzen werden, lohnt sich der Aufwand.

Ob Corona oder nicht – Sie sind die wichtigsten Bezugspersonen für Ihre Kinder. Sie geben Ihrem Kind Halt und Zuneigung. Über klare Strukturen und Tagesabläufe helfen Sie Ihrem Kind, mit dieser außergewöhnlichen Situation gut umzugehen – so lange, bis wir endlich wieder einen normalen Alltag führen können.

Autor: Frank Niklas