Informationen und Meinungen, die man im Internet findet

Was tun, wenn sich Informationen und Meinungen, die man im Internet findet, widersprechen?

Wenn man nur lange genug im Internet sucht, findet man zu allen Fragen, die wichtig zum Verständnis und zum Umgang mit COVID 19 sind, ganz unterschiedliche Antworten. Beispiele für solche Fragen sind

  • Kann ich selbst testen, ob ich mit dem COVID 19infiziert bin?
  • Schadet mir Ibuprofen, wenn ich an COVID 19 erkrankt bin?
  • Sollte jeder/jede in der Öffentlichkeit eine Schutzmaske tragen?
  • Wie hoch ist die Sterblichkeit, die auf COVID 19 zurückgeht?
  • Was bedeutet eigentlich die Verwandtschaft des neuen COVID 19 Erregers mit den bekannten Grippeviren?

Die Nachfrage nach Informationen rund um das neuartige Coronavirus (COVID 19) ist derzeit groß. Gerade im Internet findet man hierzu zahlreiche Informationsangebote. Aber Vorsicht: In der Online-Welt ist nicht garantiert, dass die verfügbaren Informationen auch verlässlich sind!

Auf dieser Seite zeigen wir Ihnen in, wie Sie verlässliche Informationen im Internet finden können und nennen Ihnen ausgewählte Informationsseiten vertrauenswürdiger Quellen und wie man mit Widersprüchen umgehen kann.

A. Verlässliche Informationsquellen finden

Anders als bei Zeitungen, Funk und Fernsehen gibt es bei vielen Informationen im Internet keine Qualitätskontrolle. Jede Person mit Internetanschluss kann Inhalte online veröffentlichen. Vor allem in sozialen Medien wie Twitter, Instagram oder WhatsApp ist es einfach, ungeprüfte Informationen zu verbreiten. Aktuell kursieren auf WhatsApp beispielsweise verschiedene Kettenbriefe, in denen unter anderem Falschinformationen zu vermeintlich wirksamen Selbsttests auf das COVID 19 verbreitet werden.

Neben solchen Falschinformationen bietet das Internet aber selbstverständlich auch viele seriöse Informationsangebote, die sich an die breite Öffentlichkeit richten und verständlich gestaltet sind. Die Aufgabe besteht darin, in der Flut der Informationen diejenigen Inhalte zu finden, die man auch ohne medizinische Vorkenntnisse gut versteht und die verlässlich sind.

Schritt 1: „Wer behauptet das?“ oder: Bewerten Sie Informationsquellen!

Der erste Schritt, um verlässliche Informationen zu identifizieren, ist die Bewertung der Informationsquelle, also der Person, Institution oder Gruppe, die die Informationen verfasst bzw. in Umlauf gebracht hat. Prüfen Sie also als erstes, ob überhaupt Informationen zur Quelle angegeben werden, zum Beispiel im Impressum einer Webseite. Bilden Sie sich dann eine Meinung zu den folgenden Fragen:

Wenn es um gesundheitsbezogene Fragen geht, bietet die Ausbildung der Quelle einen ersten Anhaltspunkt. Prüfen Sie, ob die Quelle einen relevanten Ausbildungshintergrund hat, also zum Beispiel über eine Qualifikation in Medizin oder Humanbiologie verfügt. Bedenken Sie zudem, dass das Wissen auch innerhalb der Medizin hochogene Fragen geht, bietet die Ausbildung der Quelle einen ersten Anhaltspunkt. Prüfen Sie, ob die Quelle einen relevanten Ausbildungshintergrund hat, also zum Beispiel über eine Qualifikation in Medigradig spezialisiert ist. Das heißt, dass neue Erkenntnisse über das Virus und seine Bekämpfung vor allem von Personen oder Forschungseinrichtungen zu erwarten sind, die sich schon lange mit diesen Themen beruflich beschäftigen. Hierzu gehören etwa die Virologie, Immunologie, Infektiologie und Epidemiologie.  Wenn es allerdings um Ihre persönliche Gesundheitssituation geht, ist es sicherlich sinnvoll, vor allem mit den Ärztinnen und Ärzten zu sprechen, die sie auch bisher behandelt haben. Wenn Sie im Internet etwas gefunden haben, das aus Ihrer Sicht wichtig ist und das verlässlich erscheint, dann sprechen Sie mit Ihrer Ärztin/ Ihrem Arzt darüber.

Neben der Kompetenz, verlässliche Informationen zu veröffentlichen, muss eine Quelle auch über die Absicht verfügen, diese Informationen bereitzustellen. Das ist bei den im Internet verfügbaren Quellen leider nicht immer der Fall. Prüfen Sie daher stets durch weitere Internetrecherchen, ob die Quelle zum Beispiel finanzielle oder ideologische Ziele verfolgt, die sie dazu verleiten könnten, Informationen verzerrt oder falsch darzustellen.

Eine einfache Möglichkeit mehr über die Intentionen der Quelle zu erfahren, besteht darin, zu prüfen, welche weiteren Informationen auf der Webseite, dem Twitter-Account oder dem YouTube-Kanal präsentiert bzw. welche Produkte zum Kauf angeboten werden. Beispielsweise wurden der Verbraucherzentrale in Brandenburg Fälle gemeldet, in denen ein Anbieter homöopathischer Mittel per Email die Falschmeldung verbreitete, dass Globuli vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus schützen können.

In anderen Fällen wurden in YouTube-Kanälen Verschwörungstheorien verbreitet, denen zufolge das Virus eigentlich eine strategische Waffe ausländischer Geheimdienste ist und von diesen in Laboren gezüchtet wurde. Auch hier zeigt eine einfache Recherche innerhalb desselben YouTube-Kanals, dass dort auch andere Verschwörungstheorien, etwa zur Migration, verbreitet werden und damit wird diese Quelle unglaubwürdig.

Gerade im Zuge der Corona-Krise erleben wir, wie rasch sich Einschätzungen von Expert*innen ändern. Während das Robert-Koch-Institut beispielsweise noch Ende Januar das Erkrankungsrisiko für die Bevölkerung als gering einstufte und nur einige Importe des Erregers nach Deutschland erwartete, schätzte dasselbe Institut das Risiko für die Bevölkerung Ende März bereits als hoch ein. Wichtig: Solche Änderungen in Einschätzungen und Empfehlungen von Fachleuten sind kein Hinweis darauf, dass man diesen Experten nicht trauen kann, wenn sie darauf zurückzuführen sind, dass neue Ergebnisse gewonnen und verarbeitet wurden. Für Ihre Recherche bedeutet das: Achten Sie darauf, wann die Quelle die Informationen veröffentlicht hat und legen Sie Wert auf aktuelle Informationen.

Wichtig: Eine gute Quelle muss also kompetent und aktuell sein und überhaupt die Absicht haben, verlässliche Informationen zu liefern. Nur wenn dies der Fall ist, sollte man sich auf die von ihr kommunizierten Inhalte verlassen.

Wichtig: Eine gute Quelle muss also kompetent und aktuell sein und überhaupt die Absicht haben, verlässliche Informationen zu liefern. Nur wenn dies der Fall ist, sollte man sich auf die von ihr kommunizierten Inhalte verlassen.

Schritt 2: „Wer behauptet das sonst noch?“ Vergleichen Sie Informationen von mehreren Quellen!

Der zweite Schritt, um verlässliche Informationen zu finden besteht darin, dass Sie die Aussagen verschiedener Informationsquellen vergleichen. Beantworten Sie die Frage:

Stimmt die Information der einen Quelle mit Informationen aus anderen Quellen überein?

Information ist oft dann besonders verlässlich, wenn sie von mehreren vertrauenswürdigen Quellen kommuniziert wird. Aus der Forschung wissen wir jedoch, dass sich Menschen häufig auf nur eine Quelle verlassen, ohne die kommunizierten Informationen mit den Aussagen anderer Quellen zu vergleichen. Das mag zielführend, weil zeitsparend sein, wenn einfache Fakteninformationen gefragt sind. Wer sich jedoch über komplexere Sachverhalte, zum Beispiel über COVID 19 informieren möchte, ist gut beraten, konsequent zu vergleichen.

Eine Möglichkeit zum Vergleich bieten Ihnen die Portale sogenannter “Faktenchecker”. Auf diesen Portalen recherchieren oftmals Journalisten Hintergrundinformationen zu Aussagen und Quellen und überprüfen diese auf ihre Belastbarkeit. Hier eine Auswahl von Angeboten:

Ausgewählte Informationsseiten vertrauenswürdiger Quellen

Für den Abgleich von Informationen aus anderen Quellen eignen sich zudem eine Vielzahl von Internetauftritten, die sich seriös mit dem Thema COVID 19 auseinandersetzen und dabei Standards der Objektivität und wissenschaftlichen Redlichkeit einhalten.

Informationsangebote von Institutionen des Bundes:
Informationsangebote von Forschungsgesellschaften und wissenschaftlichen Initiativen:
Informationsangebote einzelner Wissenschaftler:
  • Podcast Das Coronavirus-Update von Prof. Dr. Christian Drosten, Leiter des Instituts für Virologie an der Charité Berlin
  • Podcast Infektiopod zum Coronavirus und Infektionskrankheiten im Allgemeinen von Dr. Till Koch, Mediziner und Forscher am UKE Hamburg
  • Podcast Kekulés Corona-Kompass von Prof. Dr. Alexander Kekulé, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle (Saale)

B. Wie kann man sich eine informierte Meinung bilden?

Auch wenn man sorgfältig darauf achtet, von welchem Autor /Autorin und in welchem Kontext ein Beitrag erschienen ist, weiß man oft noch immer nicht, was man nun für richtig halten soll. Wir empfehlen, sich angesichts eines Widerspruchs die folgenden vier Fragen zu stellen:

Als erstes ist es hilfreich zu fragen, ob sich die Antworten eigentlich wirklich widersprechen. Vielleicht werden nur unterschiedliche Aspekte beachtet und die Argumente sind in der Sache alle richtig, sie werden nur unterschiedlich stark gewichtet. Beispiel: Schutzmaskenpflicht. Hier sind sich die Fachleute aus der Medizin weitgehend einig: Die einfache Stoffmaske schützt zwar nicht den Träger, aber sie schützt andere Menschen. Dies spräche dafür, Masken zu verordnen. Aber wie wirkt eine Verordnung? Führt sie dazu, dass sich Bürger*innen in falscher Sicherheit wiegen und andere, wichtigere Verhaltensregeln, z.B. das Abstandhalten, nicht mehr beachten? Führt eine Verpflichtung dazu, dass noch mehr Leute versuchen, Masken zu kaufen und die dann auch denen fehlen, die sie unbedingt brauchen? Dies spräche dann dafür, dass Masken eher nicht verordnet werden sollten.

Wenn also alle diese Argumente in der Sache richtig sind, dann muss man abwägen, was schwerer wiegt. Ein logischer Widerspruch zwischen den Argumenten, die für die Handlungsoptionen sprechen (Masken anordnen oder nur empfehlen), ist das aber nicht. Es ist jedoch eine Einladung, sich eine eigene Meinung dazu zu bilden und dafür vielleicht nach weiteren Informationen über die möglichen Auswirkungen der verschiedenen Optionen zu suchen.

Bei vielen widersprüchlichen Informationen und Handlungsempfehlungen vermischen sich sachbezogene und wert-/zielbezogene Aspekte. Das gilt für die ‚großen‘ Fragen (Wie lange kann das öffentliche und wirtschaftliche Leben angehalten werden?) und es gilt auch für persönliche Verhaltensentscheidungen (Darf man seine alten, hilfsbedürftigen Eltern besuchen?).

Wenn öffentlich diskutiert wird, ob man auf Mediziner oder mehr auf Ökonomen hören sollte, dann kann dies bedeuten, dass es wichtig ist, medizinische und ökonomische Aspekte zusammenhängend zu betrachten. Diese müssen nicht widersprüchlich sein. Es ist im Übrigen gar nicht so, dass Wissenschaftler*innen, nur deshalb, weil sie z.B. als Mediziner für Gesundheit oder als Ökonomen für Wirtschaft fachlich zuständig sind, wert-/zielbezogene Konflikte immer einseitig für ‚ihr‘ Gebiet entscheiden.

Die Forderung, mehr auf andere Experten zu hören kann aber dennoch auch eine verdeckte Aufforderung sein, das Ziel eines möglichst umfassenden Gesundheitsschutzes für Alle nicht mehr so hoch zu gewichten. Es ist also hilfreich, genau hinzusehen, ob es bei scheinbar sachlichen Widersprüchen eigentlich um wert-/zielbezogene Konflikte geht. Solche Zielentscheidungen und Zielkonflikte bleiben manchmal unausgesprochen. Wenn die nicht ausgesprochen werden, obwohl sie eine Rolle spielen, sollte man kritisch nachfragen.

Wie viele COVID 19 – Infektionen gibt es? Wie hoch ist die Sterblichkeit, die auf COVID 19 zurückgeht? Wird das Virus über Oberflächen übertragen? Das sind Beispiele für Fragen, zu denen Wissenschaftler*innen in den vergangenen Wochen Unterschiedliches geäußert haben. Entsprechend findet man auch im Internet ganz unterschiedliche Antworten. Wie kann man da wissen, wem man glauben sollte?

Wenn Wissenschaftler*innen ein neues Phänomen empirisch untersuchen, ist es völlig normal, dass sie sich häufig widersprechen. Ausprobieren, spekulieren, testen und sich gegenseitig kritisieren sind sozusagen das Alltagsgeschäft der Wissenschaft. Neues wissenschaftliches Wissen entsteht oft erst dadurch, dass das alte kritisiert wird. Es gibt gut eingespielte Verfahren, in denen diese Kritik ihren Platz hat. So werden üblicherweise neue wissenschaftliche Befunde erst einigen Gutachter*innen vorgelegt, bevor sie in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht werden. Wenn dann noch andere Forscher*innen mit ähnlichen oder gleichen Methoden auch das Gleiche finden, entsteht allmählich ein Konsens darüber, was als gültig angenommen werden kann. Dann gibt es im Laufe der Zeit – zumindest in den empirischen Wissenschaften – auch weniger Widersprüche zu einem bestimmten Thema.

Bei einem Thema wie COVID 19, wo es aus gutem Grund sehr eilig ist, dass wir Forschungsergebnisse erhalten, sprechen auch Wissenschaftler*innen über ihre vorläufigen Ergebnisse, bevor sie diese mehrfachen Überprüfungen durchlaufen haben. Die Öffentlichkeit bekommt sozusagen einen Einblick in den Maschinenraum der Herstellung wissenschaftlichen Wissens. Das ist spannend, aber es bedeutet auch, dass man sich bei einigen Fragen in Geduld üben muss, bis sich herausgestellt hat, welches Ergebnis auch wirklich Bestand hat.

Wichtig aber ist zweierlei: Bei den meisten Sachfragen zu COVID 19 aus medizinischer Sicht und erst recht bei den grundlegenden wissenschaftlichen Ergebnissen zu Viren, zu Epidemien, zu Impfungen usw. sind sich die Wissenschaftler*innen einig. Bildlich gesprochen: Die Bergspitze des wissenschaftlichen Streits ruht auf einem Berg von Wissen, über den man sich einig ist. Deshalb ist der Spruch „5 Experten, 5 Meinungen“ in diesem Zusammenhang schlicht falsch.

Allerdings sind Widersprüche zwischen Wissenschaftler*innen derzeit auch deshalb manchmal schwierig zu verstehen, weil diese nicht nur gefragt werden, um über neueste Forschungsergebnisse zu COVID 19 zu sprechen. Sie werden auch um Beratung zu Handlungsempfehlungen und zu politischen Maßnahmen gebeten, bei denen auch sie nur Vermutungen anstellen können. Es gibt ja z.B. keine gut kontrollierten Studien darüber, wie es sich auf einen Pandemieverlauf auswirkt, wenn man Bundeligaspiele zulässt. Dennoch können Fachleute darüber begründete Vermutungen anstellen. Im besten Fall basieren diese auf Modellrechnungen, aber auch dafür benötigt man Daten, die zu vielen Fragen noch nicht vorliegen (Übrigens: Bei einer solchen Frage wäre nicht nur die Medizin, sondern z.B. auch die Psychologie gefragt, weil es ja auch um das Verhalten geht). Weil es aber eben nur Vermutungen sind und weil (siehe vorheriger Punkt) dabei oft auch Zielkonflikte zu berücksichtigen sind, ist es nicht verwunderlich, dass es zu solchen Fragen auch mal widersprüchliche Expertenmeinungen gibt. Es ist dann durchaus sinnvoll nachzusehen, welche Begründungen dafür geliefert werden. Hilfreich ist auch, darauf zu achten, ob der/die fragliche Expert*in deutlich markiert, was gesichertes Wissen und was begründete Vermutungen sind, wenn er/sie zu allen möglichen zukünftigen Maßnahmen gefragt wird.

Die Behauptung, dass Ibuprofen bei COVID 19 schadet, basierte angeblich auf einer Studie der Universität Wien. Tatsächlich ist sie sachlich falsch und die Universität Wien hat eilig bekannt gemacht, dass es eine solche Studie gar nicht gibt. Derzeit gibt es im Internet viele frei fabulierte Thesen rund um COVID 19. Und es gibt pseudowissenschaftliche Beiträge, in denen wissenschaftlich Richtiges mit verkürzten oder auch mit falschen Argumenten vermischt wird. Diverse Beiträge zu der These, dass die COVID 19 Pandemie nur eine hysterische Übertreibung sei, weil es sich bei COVID 19 nur um eine neue Variante der bereits bekannten Coronaviren handele, sind dafür Beispiele. Zwar ist COVID 19 tatsächlich eine Variante von Coronaviren, aber die These von der Übertreibung ist in vielerlei – und man könnte sagen, für viele Menschen in lebensbedrohlicher – Hinsicht dennoch falsch.

Woran erkennt man Pseudowissenschaft? Die Vermischung von wissenschaftlich richtigen und falschen oder halbwahren Argumenten ist ein typisches Merkmal von Pseudowissenschaft. Ein weiteres Merkmal ist oft, dass sie vor allem als Angriff auf die ‚offizielle‘ Meinung formuliert wird, ohne dass eigene Antworten auf die kritischen Fragen gegeben werden, die man der vermeintlichen Mehrheits-Wissenschaft stellt. Manchmal erkennt man Pseudowissenschaft auch daran, dass sie in Verschwörungstheorien sozusagen eingebettet wird. Dann wird behauptet, dass die eigene, kritische Meinung von der ‚richtigen‘ Wissenschaft unterdrückt wird. Manchmal gibt es vage Andeutungen, dass die Mehrheits-Wissenschaft die pseudowissenschaftliche Wahrheit nur aus finanziellen Interessen nicht anerkennt. Und sehr oft findet man die Umdeutung der Diskussionen und Widersprüche, die es in der richtigen Wissenschaft bei der Erarbeitung neuen Wissens gibt (wie oben beschrieben). Diese werden als Hinweis darauf gedeutet, das die Mehrheits-Wissenschaft eben auch keine Antworten hat und deshalb die pseudowissenschaftlichen Argumente auch gehört werden sollten. Tatsächlich aber zeigt diese Deutung, dass diejenigen, die so argumentieren, den Alltag von Wissenschaft nicht genügend kennen.

Wie eingangs gesagt, muss man sich oft die Quelle genauer ansehen, um festzustellen, ob es sich um seriöse Wissenschaft oder um Pseudowissenschaft handelt. Manche Argumente, die derzeit im Internet zu COVID 19 zu finden sind, ähneln der systematischen Leugnung des Klimawandels. Wenn man solche Ähnlichkeiten oder Bezüge findet, ist das ein starker Hinweis darauf, dass es sich um Pseudowissenschaft handelt. Das gilt erst recht, wenn die Aussagen zu COVID 19 eingebettet sind in politische Verschwörungstheorien und rassistische Hetze.

Fazit:

Wie findet man verlässliche Informationen im Internet? Wie kann man damit umgehen wenn sich die Antworten, die man im Internet findet widersprechen? Dafür ist es hilfreich genauer hinzusehen und wir haben einige Hinweise gegeben, worauf man dabei achten kann. Das muss man aber nicht alleine vor dem Computermonitor machen. Wichtig ist vor allem, mit Anderen darüber zu sprechen, Meinungen auszutauschen und neue Erfahrungen zu sammeln. Das geht, dank Internet, auch in Zeiten der räumlichen Distanzierung.

Anmerkung:

Diese Empfehlungen basieren auf psychologischer Forschung zur Nutzung des Internet und zum Wissenschaftsvertrauen. Übersichten dazu und weiterführende Literatur findet man hier:

Bromme, R. (im Druck). Verstehen, Vertrauen und die Verständlichkeit der Wissenschaft: Zu einigen Randbedingungen für den (erfolgversprechenden) Umgang mit Pseudowissenschaft und Wissenschaftsleugnung. In: R. Neck & C. Spiel (Hg.), Wissenschaft und Aberglaube. (Reihe Wissenschaft, Bildung, Politik, Band 23). Wien: Böhlau. DOWNLOAD HIER

Bromme, R. (im Druck). Informiertes Vertrauen: Eine psychologische Perspektive auf Vertrauen in Wissenschaft. In: M. Jungert, A. Frewer & E. Mayr (Hrsg.). Wissenschaftsreflexion. Interdisziplinäre Perspektiven zwischen Philosophie und Praxis. Paderborn: Mentis Verlag. DOWNLOAD HIER

Stadtler, M., Bromme, R. & Rouet, J.-F. (2014). „Science meets Reading“: Worin bestehen die Kompetenzen zum Lesen multipler Dokumente zu Wissenschaftsthemen und wie fördert man sie? Unterrichtswissenschaft, 42, 55-68.

Stadtler, M., Winter, S., Scharrer, L., Thomm, E., Krämer, N. & Bromme, R. (2017). Selektion, Integration und Evaluation: Wie wir das Internet nutzen, wenn wir uns über Wissenschaft informieren wollen. Psychologische Rundschau, 68(3), 177-181. doi: 10.1026/0033-3042/a000361  DOWNLOAD HIER

Autoren: Rainer Bromme, Lisa Scharrer und Marc Stadtler