Wie spreche ich mit meinem Kind über das Coronavirus?

Hören Sie zu und schauen Sie genau hin

Wie geht es Ihrem Kind mit dem veränderten Alltag? Hat es verstanden, warum es nicht mehr zur Schule gehen konnte oder warum der Besuch bei Freunden und älteren Verwandten ausbleiben musste? Hat sich das Kind seither verändert?

Dies sind wichtige Fragen zum Wohlbefinden Ihres Kindes. Nehmen Sie sich Zeit für das Kind, um in Ruhe zu erfahren, wie es ihr/ihm geht. Spüren Kinder und Jugendliche ehrliches Interesse, sind sie eher bereit, sich zu öffnen. In Gesprächen zum „neuen Alltag“ können auch mögliche Sorgen und Ängste thematisiert werden. Wichtig ist, dass sich Kinder und Jugendliche ernst genommen fühlen und Fragen ehrlich (aber altersgerecht) beantwortet werden. So lernen Kinder und Jugendliche, dass Sie eine vertrauenswürdige Unterstützungsquelle sind und sie mit Ihnen auch über schwierige Themen sprechen können.

Informieren Sie altersgerecht

Bei Gesprächen über „den neuen Alltag“ oder das Virus sollten das Vorwissen, die Vorstellungen und die Bedürfnisse des jeweiligen Kindes berücksichtigt werden. Da das Thema stark präsent ist und auch in der Schule thematisiert wird, ist oft schon viel Wissen vorhanden. Falls das Kind jedoch Ängste oder Unsicherheiten hat, ist es wichtig, dass es mit einer Vertrauensperson darüber sprechen kann.

Im Vorschulalter werden Krankheiten und deren Entstehung oft noch nicht verstanden. Vor allem Unsichtbares ist schwer zu fassen. Magisches Denken kann Kinder in diesem Alter z. B. annehmen lassen, sie hätten Schuld an Krankheiten, weil sie nicht aufgegessen haben. In solchen Fällen ist es wichtig, den Kindern klar zu machen, dass sie keine Schuld am Virus haben, aber auch mit Schutzmaßnahmen wie Händewaschen und Abstandsregeln mithelfen können. Wenn Kinder wissen, wie sie mithelfen können, bleiben sie handlungsfähig. Dies kann sich positiv auf den Umgang mit schwierigen Situationen auswirken.

Im Schulalter entwickeln Kinder ein detaillierteres Verständnis für Krankheiten und Viren. Dennoch ist es wichtig, Erklärungen möglichst einfach zu halten. Der Vergleich mit der Grippe ist hilfreich, weil Kinder diese schon kennen. Man kann krank werden, aber die meisten Menschen erholen sich gut. Für ältere Personen wie Oma und Opa ist es gefährlicher, weshalb man sie besonders schützen muss. Leider breitet sich das Virus sehr schnell aus und es gibt noch keine Impfung. Deshalb wurden die Schulen geschlossen und alle sind zu Hause geblieben. Auch jetzt muss man noch aufpassen, Hände waschen und Abstand halten, damit das Virus sich nicht verbreiten kann.

Bei Jugendlichen ist zu berücksichtigen, dass sie durch viele verschiedene Informationsquellen leicht an Fehlinformationen geraten können. Es wichtig, zu erfahren, was sie bereits wissen und wie sie über Corona denken, um mögliche Fehleinschätzungen zu korrigieren. Auch bei Jugendlichen können Ängsten entstehen, aber die Hemmungen, darüber zu sprechen, können größer sein. Deshalb ist eine offene und vertraute Umgebung gefragt. Auch hier kann es den Jugendlichen helfen, wenn Sie Möglichkeiten zur Mitarbeit aufzuzeigen. Beispielsweise können Jugendliche sich sozial engagieren, wobei dies unbedingt freiwillig sein sollte. Jugendliche sollten vor allem verstehen, wie wichtig es ist, dass sie sich an Regeln zu Hygiene und Distanz halten, um sich und andere Menschen zu schützen. Schon dadurch leisten sie einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag.

Generelle Empfehlung: Klären Sie Kinder und Jugendliche darüber auf, was das Virus ist und wie dessen Übertragung stattfindet. Dies kann in Geschichten verpackt werden oder man kann das Virus zusammen malen oder Videos anschauen (es gibt sehr gute Erklärvideos für Kinder). Wenn Ihr Kind Fragen stellt, sollten diese ehrlich beantwortet werden. Einige Kinder haben kein Bedürfnis nach Gesprächen oder weniger Informationsbedarf. Das sollte respektiert werden.

Ehrlichkeit, Sachlichkeit und Ruhe

Durch einen offenen und ehrlichen Dialog sowie die gegebenen Informationen kann ein ruhiger Umgang mit dem Thema Coronavirus erreicht werden. Sollten Sie etwas nicht wissen, ist es besser, nicht zu spekulieren, damit keine Gerüchte entstehen. Bei Bedarf kann eine gemeinsame Recherche mithilfe von vertrauenswürdigen Quellen (wie z. B. dem Robert-Koch-Institut) helfen. Auch das Thema Tod sollte nicht tabuisiert werden. In den Nachrichten hören Kinder, dass es Todesfälle durch das Coronavirus gibt. Haben sie nicht davon gehört oder äußern keine Fragen oder Sorgen, sollten Sie das Thema nicht aktiv ansprechen.

Kinder sollten zudem nicht von Medienberichten ferngehalten werden, da ein Verbot mehr Angst schaffen kann. Beim gemeinsamen Anschauen von Berichten zu Corona können Fragen geklärt werden. Die Kinder sollten verstehen, dass die Nachrichten oft nur Ausschnitte zeigen und Positives oft weggelassen wird. Außerdem passiert nicht alles, was zu sehen ist, direkt bei uns. Kinder können dies nicht immer einordnen.

Vorbild sein – Leben Sie einen gesunden Umgang mit dem Virus vor

Eltern sind Vorbilder für ihre Kinder. Da Kinder am Modell ihrer Eltern lernen, ist es zentral, dass Sie auch in schwierigen Situationen ruhig bleiben. So können Sie ein sicherer Anker für Ihr Kind zu sein. Kinder beobachten ihre Eltern und deren Verhalten, Reaktionen und Gespräche. Deshalb ist Reflektion der eigenen Angst und Verhaltensweisen gefragt.

Eltern dienen ebenfalls als wichtige Vorbilder, wenn sie gründlich Händewaschen, Abstand zu anderen halten, oder diesen helfen (z. B. mit Einkäufen). So wird dem Kind Solidarität vorgelebt.

Auch alternative Kommunikationswege können dem Kind vermittelt werden, zum Beispiel Zeichnungen / Briefe für ältere Bezugspersonen, Anrufe, Videokonferenzen oder Treffen auf Distanz. So kann das Kind lernen, dass Bezugspersonen und Freunde auch da sein können, wenn man sie nicht persönlich trifft.

Strukturen beibehalten – auch im neuen Alltag

Aktuell ist eine kritische Phase geschafft und „der neue Alltag“ ist eingekehrt. Jedoch gibt es noch immer keinen Impfstoff. Es ist daher wichtig, Regeln und Strukturen im Umgang mit dem Virus klar zu kommunizieren, in den Alltag einzubetten und beizubehalten. Regelmäßiges Händewaschen der Eltern oder auch gemeinsames Händewaschen lässt es zur Normalität werden.

Strukturen bieten Orientierung und Sicherheit, müssen jedoch vorgelebt werden. Je klarer die Strukturen sind und je stärker Kinder und Jugendliche einbezogen werden, desto stärker halten sie sich an die Abmachungen.

Literatur:

Lohaus, A. (2013). Kindliche Krankheitskonzepte. In Pinquart, M. (Hrsg.), Wenn Kinder und Jugendliche körperlich chronisch krank sind. Psychische und soziale Entwicklung, Prävention, Intervention (S. 17.32).  Berlin / Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-642-31277-9

Omer, H., Lebowith, E. (2015). Ängstliche Kinder unterstützen. Die elterliche Ankerfunktion. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Autorinnen des Webbeitrages: Jeanine Grütter und Isabel  Brünecke