Tipps zum Umgang mit Einsamkeit in der Corona-Krise
Was ist Einsamkeit?
Menschen fühlen sich einsam, wenn sie sich mehr oder bessere soziale Beziehungen wünschen, als sie aktuell haben. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Menschen, wie viele Kontakte sie zu anderen Menschen brauchen. Manchen reicht es, wenn sie einmal am Tag mit jemandem telefonieren, andere brauchen eigentlich immer ihre Freunde um sich herum.
Einsamkeit darf nicht mit Alleine sein verwechselt werden. Alleine sind wir dann, wenn keine anderen Menschen in der Nähe sind. Das heißt nicht automatisch, dass es uns dann schlecht geht und wir uns einsam fühlen – im Gegenteil: Viele Menschen nehmen sich bewusst Zeit für sich alleine, um dem Trubel des Alltags zu entgehen und ein wenig Ruhe zu haben. Alleine sein ist demnach ein objektiver Zustand. Einsamkeit ist hingegen ein subjektiver Zustand. Einsamkeit fühlt sich schmerzhaft an und geht oft mit Traurigkeit und einem Gefühl von Kontrollverlust einher.
Was kann ich gegen Einsamkeit tun?
Halten Sie auf anderen Wegen Kontakt
Wir können auf viele verschiedene Wege Kontakt mit anderen Menschen halten. Die digitalen Medien bieten dazu besonders viele Möglichkeiten. Über Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Skype können wir nicht nur Textnachrichten austauschen, sondern auch Fotos, Sprachnachrichten und sogar per Video miteinander sprechen. Aber auch den klassischen Brief oder das Telefon sollten wir nicht vernachlässigen, besonders bei den Mitmenschen, die keinen Zugang zu digitalen Medien haben. Nehmen Sie sich bewusst Zeit, Ihre Kontakte über diese Wege zu pflegen. Und vielleicht ist diese neuartige Situation auch eine gute Gelegenheit, ein paar vernachlässigte Beziehungen aufzufrischen und sich bei ihnen zu erkundigen, wie sie mit dieser Situation umgehen.
Achten Sie auf Ihre Mitmenschen!
Vielleicht kommen Sie ganz gut mit der räumlichen Isolierung zurecht – aber gilt das auch für alle anderen in Ihrem Umfeld? Jetzt müssen wir besonders auf die Mitmenschen achten, die das größte Risiko haben, unter der Isolierung zu leiden. Folgende Dinge können Sie tun, wenn Sie denken, dass jemand in Ihrem Umfeld unter Einsamkeit leidet:
- Nehmen Sie Kontakt auf, über Telefon oder digitale Medien.
- Fragen Sie die Person, wie es ihr geht. Viele Menschen geben nicht gerne zu, dass sie sich einsam fühlen, sind dann aber sehr dankbar, wenn sie merken, dass sie darüber sprechen dürfen.
- Selbstoffenbarung kann ein Gesprächsöffner sein: Wenn sich diese Situation für Sie selbst auch etwas seltsam anfühlt, sprechen Sie dieses Gefühl offen an und fragen sie, ob es Ihrem gegenüber vielleicht ähnlich geht.
- Bieten Sie Ihre Unterstützung an (z. B. regelmäßige Gespräche über Telefon oder Skype).
- Wenn Sie merken, dass die Person sehr stark unter Einsamkeit leidet oder andere psychische Probleme entwickelt, vermitteln Sie professionelle Hilfe (s. u.).
Beachten Sie auch unsere allgemeinen Tipps zum Umgang mit häuslicher Isolation und Quarantäne!
Bitten Sie um Hilfe!
Wenn Sie befürchten, zu vereinsamen oder schon unter Einsamkeit leiden, dann zögern Sie nicht, andere Menschen um Hilfe zu bitten. Für viele Menschen ist Einsamkeit ein Tabuthema – wir möchten anderen gegenüber nicht gerne zugeben, dass wir uns einsam fühlen. Aber für Einsamkeit braucht man sich nicht zu schämen, und es ist auch kein Zeichen von Schwäche. Deswegen: Sprechen Sie über Ihre Gefühle mit Menschen, denen Sie vertrauen. Nur wenn Ihre Mitmenschen wissen, wie es Ihnen geht, können sie Ihnen auch gut helfen.
Wenn Sie niemanden haben oder sehr stark unter Einsamkeit leiden, dann können Sie auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Wann und wo Sie professionelle Hilfe erhalten, erfahren Sie in den nächsten Abschnitten.
Wann sollte ich professionelle Hilfe suchen?
Psychische Krisen können jeden Menschen treffen, unabhängig von Ihrem Alter, Ihrem Geschlecht, Ihrer Bildung oder Ihrem Einkommen. Eine akute Krise beinhaltet den Verlust des inneren Gleichgewichts, zum Beispiel wenn sie mit Situationen oder Lebensumständen konfrontiert werden, die sie gerade nicht bewältigen können, weil ihre gewohnten Verhaltensstrategien nicht mehr greifen. Manchmal kann man seine Gefühle in einer solchen Krise nur schwer wahrnehmen. Manchmal treten Gefühle wie Wut, Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit und auch Einsamkeit jedoch besonders intensiv auf.
Wenn Sie bei sich Symptome wie Antriebslosigkeit, Hoffnungslosigkeit, Interessensverlust, gedrückte Stimmung, Panik oder einen verminderten Selbstwert feststellen und das Gefühl haben, diese Symptome nicht alleine bewältigen zu können, ist es sinnvoll, professionelle Hilfe aufzusuchen. Dies gilt ganz besonders dann, wenn in einer entsprechenden Krisensituation eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegt (z. B. Aggression, die sich gegen Andere richtet oder eigene lebensmüde Gedanken). Zögern Sie in solchen Situationen bitte nicht, den ärztlichen Bereitschaftsdienst (bundesweite Tel.: 116 117) oder den Rettungsdienst (bundesweite Tel.: 112) zu verständigen. Dort wird Ihnen umgehend geholfen!
An wen kann ich mich wenden?
- Telefonseelsorge:
https://www.telefonseelsorge.de/ oder 0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 · 116 123
- Silbernetz – speziell für ältere Menschen, die sich einsam fühlen:
https://www.silbernetz.org/ oder 0800 4 70 80 90
- de: Nachbarschaftshilfe
- Hausärzte (bei schwereren psychischen Problemen)
- Ärztlicher (psychiatrischer) Bereitschaftsdienst (bundesweite Tel.: 116 117)
Wird die Coronakrise zu mehr Einsamkeit führen?
Die Coronakrise verlangt von uns, dass wir uns vor allem zuhause aufhalten und direkten Kontakt zu Personen außerhalb unseres Haushalts vermeiden. Viele Menschen wünschen sich in dieser Situation mehr Kontakte und körperliche Nähe. Aus diesen momentanen Gefühlen kann – besonders wenn die Kontaktsperren über mehrere Wochen oder Monate anhalten – chronische Einsamkeit entstehen. Wir müssen damit rechnen, dass davon besonders Menschen betroffen sind, die alleine leben, schon vorher wenige soziale Kontakte hatten und keinen Zugang zu digitalen Medien haben, über die sie ihre Kontakte weiter pflegen können. Diese Kriterien treffen besonders – aber nicht nur – auf viele ältere Menschen zu, die damit besonders gefährdet sind. Wie Sie jemanden unterstützen können, der in diese Risikogruppe fällt, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.
Aber räumliche Distanz darf nicht mit emotionaler Distanz verwechselt werden. Auch wenn wir räumlich getrennt sind von unseren Lieben, können wir trotzdem emotionale Nähe herstellen und aufrechterhalten. Viele Menschen halten jetzt bewusst mehr Kontakt zu Verwandten, Freunden und Nachbarn, und an vielen Orten gibt es solidarische Hilfsaktionen.